Fallstricke in der Kommunikation (Teil I)
Im Betriebswirtschaftsstudium lernt man vieles über “Führen“ und “Kommunikation“. In der Betrachtungsweise wird jedoch beides nicht zwingend im Kontext zueinander gesehen. Im Gegenteil: Führen und Kommunikation werden als unterschiedliche Bereiche gelehrt und behandelt. – Führung wird als Synonym für ziel- und ergebnisorientierte Motivation von Mitarbeitern gesehen, während Kommunikation für den allgemeinen Austausch von Informationen zwischen Personen steht.
Hier fängt es bereits an, kritisch zu werden, denn Kommunikation ist eine weitaus vielschichtigere Angelegenheit als „nur reden und zu hören“.
Wie Watzlawick sagt: “Es gibt keine Nicht-Kommunikation“. Kommunikation geschieht oft unbewusst, doch meist geschieht sie nicht absichtslos. Wer kommuniziert hat ein Ziel – er möchte etwas erreichen. Das gilt selbst für den harmlosen Small Talk – gern genommen als als Einleitung eines Gespräches oder als Lückenfüller bei peinlichen Gesprächspausen auf Partys – usw.
Wer also zielgerichtet Führen möchte, muss bewusst und gezielt kommunizieren. Sprich, er muss wissen, wie er selbst wirkt, das Verhalten seines Gegenübers lesen können und seine Art der Kommunikation entsprechend anpassen – um sein Ziel zu erreichen.
Was versteht man unter “bewusster Kommunikation“?
Kommunikation baut sich in erster Linie zweiseitig auf – indem die eine Seite etwas vermittelt und die andere das Gesagte versteht – im besten Fall genau so, wie der Sprecher es gemeint hat.
Allein in dieser Sequenz von “Meinen“ und “Verstehen“ sind schier unendliche Varianten von Miss-Verstehen möglich.
Wie kann ich Miss-Verstehen vermeiden?
Am besten – wie so oft – in dem ich bei mir selbst beginne.
Dies gelingt in erster Linie über das Prüfen der eigenen Haltung und der Fähigkeit, sein Gegenüber bewusst wahrzunehmen.
Wenn es dann gelänge, die Gesprächssituation “richtig“ zu erfassen und zeitgleich in der Lage wäre, “richtig“ zu handeln. Wenn man dann noch wüsste, was jetzt genau “richtig“ wäre und wie das entsprechend “richtige“ Verhalten aussehen müsste, dann würde das alles problemlos und Missverständnis frei funktionieren.
Dass das Ganze nicht ganz so einfach umzusetzen ist, zeigt sich täglich in der Praxis.
Es gibt jedoch verschiedene Wege, sich dem Thema zu nähern und Möglichkeiten zu finden, klarer zu Kommunizieren. Eine Variante davon nennt sich `Praktische Emotionale Kompetenz` (PEK).
In der PEK werden Verhaltensfacetten mit der emotionalen Verfassung in Verbindung gebracht. Einteilung der Stimmungen in verschiedene Farben soll helfen, die vier unterschiedlichen Haupt-Emotionen zu unterschieden:
Rot (Aktion) steht für pragmatisch, handeln. Unbewusst basiert dies auf dem Grundsatz “ich weiß was ich will und was ich dafür tun muss“. Das Grundmotiv steht hier zum einen im Kontext von Dominanz, Macht, Status, Ehre und Autonomie, zum anderen geht es um die Angst, die Kontrolle zu verlieren (Ohnmacht).
Gelb (Selbstdarstellung) steht für optimistisch, unbeschwert. Unbewusst basiert dies auf dem Grundsatz “ich brauche die positive Interaktion und Anerkennung“. Das Grundmotiv steht hier zum einen im Kontext von Stimulanz, Erfolg, Anerkennung, Neues und Kreativität, zum anderen geht es um die Angst, sich zu blamieren und als unfähig da zu stehen.
Grün (Fühlen) steht für sanftmütig, einfühlsam. Unbewusst basiert dies auf dem Grundsatz “ich suche Einklang und Sicherheit in meiner Umgebung“. Das Grundmotiv steht hier zum einen im Kontext von Balance, Zugehörigkeit, Bewahren, Kontinuität, Sicherheit, zum anderen geht es um die Angst allein zu sein, zurückgewiesen zu werden (Wertlosigkeit).
Blau (Denken) steht für nachdenklich, hinterfragend. Unbewusst basiert dies auf dem Grundsatz “ich will alles klären und verstehen“. Das Grundmotiv steht hier zum einen im Kontext von Klarheit, Information, Prüfbar, Messbar, zum anderen geht es um die Angst vor Überraschungen, Unklarheit und Uninformiertheit.
Diese Einteilung ist selbstverständlich sehr grob und niemand befindet sich ausschließlich in nur einer dieser emotionalen Verfassungen – auch wenn man zu einer gewissen Grundemotion hin tendiert, verändert sich diese entsprechend der subjektiven Bewertung einer Situation.
Welches Vorgehen hilft mir, zu verstehen, in welcher Grundemotion sich mein Gegenüber befindet und welche Form der Ansprache wähle ich, um mein Anliegen bestmöglich zu kommunizieren, damit meine Botschaft ankommt?
Beispiel: Auf die Frage “Wie weit sind Sie mit dem Bericht?“ könnten folgende Antworten kommen:
Rot: “Bis wann brauchen Sie ihn spätestens?“ – Wobei der Mitarbeiter womöglich eher denkt: “Das geht Dich gar nichts an!“
Gelb: “Oh, im Moment ist hier echt sehr viel los. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst machen soll. Werde jedoch morgen gleich damit anfangen!“ – Der Mitarbeiter signalisiert keine sonderliche Ambition.
Grün: “Ähem…. Dazu bin ich noch nicht gekommen. Ich musste erst noch die Präsentation fertig machen und XY zurückrufen…. Dann werde ich halt heute länger bleiben…“ – Mitarbeiter rechtfertigt sich und hofft auf Mitgefühl.
Blau: “Die Themensammlung ist soweit fertig. Ich warte noch auf einen Bericht vom Controlling, dann kann ich alles zusammenfassen. Spätestens Mittwochvormittag haben Sie den ersten Entwurf.“ – Mitarbeiter versteht die Frage als Statusabfrage und gibt ausführlich Auskunft.
Mit welcher Antwort man sich dann zufrieden gibt, hängt von der eigenen Farbe (Grundemotion) ab, in der man sich gerade selbst befindet – genauso die Reaktion darauf.
Ist man sich der eigenen Grundemotion also bewusst und versteht man die Zeichen des Gegenübers, sprich die “Farbe“, zu lesen, fällt es leichter, die Fragestellung so zu formulieren, dass sie beim Gegenüber “richtig“ ankommt und im Umkehrschluss die “richtige“ Antwort liefert.
Damit geht´s beim nächsten Mal weiter:
Wie stelle ich “richtig“ Fragen?
Welchen Unterschied macht “richtig“ Fragen in der täglichen Zusammenarbeit und wie wirkt sich dies in Bezug auf “Kommunikation und Führen“ aus?