„Früher hab ich nie darüber nachgedacht, worüber ich mich definiere. Ich habe einfach nur permanent daran gearbeitet, besser zu werden und mich beruflich zu etablieren. Arbeit stand bei mir immer an höchster Stelle. Ich habe weder eine Starthilfe noch anderweitige Unterstützung von anderen erhalten. Alles was ich bisher erreicht habe, ist meiner eigenen Leistung zuzuschreiben.“
So beschreibt sich eine Klientin in unserer ersten Sitzung. Sie war vor kurzem Mutter geworden und nach ihrer Elternzeit in das Unternehmen in dem sie vorher als Führungskraft arbeitete, zurückgekehrt.
„Doch jetzt ist plötzlich alles anders“, führt sie fort, „Ich kann mich nicht mehr voll und mit meinen bisher gewohnten 100% in meinen Job stürzen. Ich habe ein Kind und das steht jetzt auf der Prioritätenstufe ganz oben. Doch kann `MutterSein´ den gleichen Stellenwert haben, wie das was ich mir in meiner Karriere erarbeitet habe?
Ich kann es nicht abstellen. Ich definiere mich nach wie vor über das, was ich beruflich leiste und komme somit in einen inneren Konflikt. Wen oder was stelle ich in meinem Unternehmen noch dar, wenn ich nicht mehr rund um die Uhr erreichbar bin, oder aufgrund einer Erkältung ausfalle. Früher war ich nie krank.“
Eine andere Klientin berichtet: „Wenn ich mich umschaue sehe ich, dass ausnahmslos alle männlichen Kollegen, die mit mir, oder sogar später ins Unternehmen eingetreten sind, befördert wurden und jetzt spannende neue Aufgaben übernehmen konnten. Während ich jedes Mal, wenn ich mich für eine andere Position bewerbe, zu hören bekomme, dass das leider problematisch sei, denn die Lücke die ich auf meiner jetzigen Position hinterlassen würde, wäre einfach zu groß und es sei daher viel zu schwierig, diese nach zu besetzen.“ WHAT?! „Also reiße ich mir weiterhin Tag für Tag ein Bein aus, ohne auch nur einen Schritt voran zu kommen.“
Ob die fehlende Distanz zwischen Arbeit und der eigenen Person, oder die ungesunde Loyalität auf Kosten der eigenen Entwicklung, beides beruht auf einer inneren Wahrnehmung die sich im Denken und Handeln niederschlägt. Keines dieser Muster ist irgendwie auffallend oder sonderbar. Im Gegenteil, sie sind weit verbreitet. Von daher finden sich eher Modelle zur Kompensation als zur Klärung und Auflösung wenn es darum geht, etwas zu verändern.
Ich selbst habe mich 2007 für den Schritt in die Selbständigkeit entschieden, da sich mein Zufriedenheits-Konto in Bezug auf Tätigkeit, Wertschätzung und interessanter Perspektiven zu lange und zu ausgeprägt im stagnierenden Minus befand.
Die Idee wurde zum Plan und war irgendwann vollzogen, doch die erste Zeit der Selbständigkeit war gar nicht so einfach. Plötzlich war nicht mehr jede Minute von morgens bis abends durch getaktet, keine toxischen und nervenaufreibenden Gespräche und Meetings mehr, kein Gefecht, das mal wieder geschlagen werden musste. Nichts von alledem.
Mit einem Becher dampfend heißem Latte Macchiato in der Hand in der Morgensonne durch die Stadt zu bummeln wäre so toll gewesen (ich hab´s ausprobiert), wenn da nicht diese unsäglich nervende Stimme im Kopf gewesen wäre: „Hallo? Geht´s noch? Was machst Du da? Es ist Arbeitszeit!“
Ohne es zu merken, hatte ich in den letzten Jahren verlernt zu genießen. Nicht nur das. Ein Teil von mir hatte sich längst mit dem toxischen Selbstbild identifiziert.
Mit der Entscheidung, etwas anders zu machen, fehlte immer noch etwas ganz entscheidendes. Ich musste mich erst neu definieren. Wer war ich denn ohne diese fremdgesteuerte Durchtaktung, ohne die ständige Erreichbarkeit und wer durfte ich sein, wenn ich Nein sage?
Wenn ich ablehne, weil der Selbstwert NEIN sagt.
Viele nennen in meinen Coachings das wünschenswerte Ziel, mehr Selbstbewusstsein zu erlangen und meinen damit, stärker nach außen hin aufzutreten, schlagfertig zu sein und sich nicht alles gefallen zu lassen.
Also die Reaktion auf etwas soll sich verbessern.
Gut, das ist schon auch wichtig, aber viel wichtiger ist in meinen Augen die Aktion. Sprich, die Klarheit darüber, aus welcher Motivation heraus gehandelt wird.
Mit einem gesunden Selbstwert stellt man sich eher die Frage: „Wofür stehe ich zur Verfügung?“, als die Frage: „Was wird von mir erwartet?“.
Ist man für andere 24 Stunden erreichbar, ist der Selbstwert sehr niedrig ausgeprägt, da die eigenen Bedürfnisse entweder unbekannt oder missachtet werden. Dementsprechend benötigt man die Resonanz von außen als Bestätigung. Der Kreislauf der Abhängigkeiten ist somit komplett.
Gerade Frauen sind aufgrund ihrer Sozialisierung gefährdet, in diesem Kreislauf gefangen.
Nicht nur im familiären Umfeld wird nach wie vor ein gewisses Rollenbild vermittelt. Die Definition des Eigenwerts über die Bestätigung von außen findet mal mehr, mal weniger subtil in unserem anerkannten gesellschaftlichen Umfeld statt.
Und wir akzeptieren das.
Zumindest so lange, bis eine neue Perspektive auf die Dinge eingenommen, und eine Neu-Bewertung zugelassen wird.
Die Frage: „Wer bin ich, wenn ich nicht Leiste?“ Ist also gar nicht so ohne weiteres zu beantworten, da es anfangs noch keine erstrebenswerte Alternative gibt. Noch nicht.
Alle Alternativen jenseits vom Leistungs-Selbstbild sind irgendwie negativ belegt – und zwar durch die betreffende Person selbst.
Veränderung braucht also erst die fundamentale Neubewertung aus der heraus erstrebenswerte Alternativen entstehen können.
Der Weg dorthin bildet sich Schritt für Schritt heraus.
Wenn Sie das in der aktuellen Situation in der Sie sich gerade befinden anspricht, dann melden Sie sich gern bei mir!
Es gibt auch für Sie einen Weg der Neubewertung! 🙂
Ihre
Regina Reitinger
Regina Reitinger ist nach DIN EN ISO zertifizierter Master für systemisches HypnoCoaching. Als geschäftsführende Gesellschafterin der chancenreich reitinger GmbH arbeitet sie mit Kunden sowohl im B2B als auch im B2C Umfeld in der DACH Region und darüber hinaus. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt in der systemischen Erarbeitung von nachhaltigen Handlungsansätzen zur erfolgreichen Zielerreichung. Wenn Sie interessiert sind an einem unverbindlichen Erstgespräch, buchen Sie hier Ihren kostenfreien Chancen-Talk mit Regina Reitinger.